Unter der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz versteht man die induktiv entwickelte Kategorienbildung entlang von Texten bis hin zur deduktiven Umsetzung von Kategorien. Jedoch wird in den meisten Fällen eher ein kombiniertes mehrstufiges Verfahren durchgeführt (siehe Abb. 1), bei dem theoretisch abgeleitete Kategorien während der Codierung ergänzt werden. Hierzu wird nach Zusammenhängen zwischen Textstellen aus den Transkripten zuvor geführte qualitativen Interviews gesucht. Die Analyse nach Kuckartz ist aber nicht nur für die Auswertung von Leitfadeninterviews geeignet, sondern auch für Gruppendiskussionen sowie narrative Interviews. Durch die Bildung von Kategorien vereinfacht und erklärt sie komplexe Sachenhalte.

 

Beispielstudie

Im folgenden Beispiel eines Forschungsprojektes zur „Individuellen Wahrnehmung des Kilmawandels“ mit der Leitfrage: „Inwieweit sind fundamentale Ergänzungen in Form von Weltbildern, Bildern der anderen Gesellschaftsmitglieder und der eigenen Verortung in der Weltgesellschaft Ursachen  für die Diskrepanz von Wissen und Handeln in Sachen Kilmaschutz?“ wurden stichprobenartig 30 Personen aus den zwei Altersgruppen „Netzwerkkinder“ (15-25 Jahre) und „Baby-Boomer“ (46-65 Jahre) befragt. Hierbei wurden sie zu ihrer eigenen Einstellung zum Klimawandel befragt sowie auch ihre Einschätzung von Bürgern anderer Länder berücksichtigt. Es wurde ein Unterschied zwischen Handeln und Wissen gemacht.

Bild1

Abbildung 1: Strukturierende Inhaltsanalyse (Kuckartz 2016)

 

Tabelle 1
Weltbilder Bilder der anderen Bilder von sich selbst Abschluss
Was sind aus Deiner/Ihrer Sicht die größten Probleme der Welt im 21. Jahrhundert?

Wie kann mit diesen Problemen umgegangen werden? Sind sie prinzipiell überhaupt beeinflussbar? Von wem?

Wenn Du/Sie an den Klimawandel und die notwendigen Co2-Reduktionen denkst/denken: Kann eine Veränderung der Konsumgewohnheiten in den entwickelten Ländern hierzu einen positiven Beitrag leisten?

Oft wird von der Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten geredet. Leute reden so und handeln aber anders. Was denkst Du/denken Sie, was sind die Ursachen dafür? Wie bringst Du dich/bringen Sie sich selbst in Zusammenhang mit globaler Entwicklung?

Durch welche Verhaltensweise glaubst Du/glauben Sie, Einfluss nehmen zu können? Und wie verhältst Du dich/verhalten Sie sich tatsächlich?

Möchtest Du/möchten Sie gerne mehr tun?

Spürst Du/Spüren Sie Verantwortung, dich/sich mit den Problemen des 21. Jahrhunderts auseinanderzusetzen?

Denkst Du/Denken Sie, dass man den Umgang mit diesen Problemen erlernen kann? Wenn ja: Wie und wo?

Die Untersuchung bestand aus zwei Teilstudien: Zunächst wurden auf Basis eines Leitfadens (siehe Tabelle 1) qualitative Interviews geführt, die im Anschluss wortwörtlich transkribiert wurden. Zum Ende der Interviewsituation wurden die Befragten gebeten, ergänzend einen vierseitigen standardisierten Fragebogen auszufühlen. Die Daten des Fragebogens wurden mit Hilfe der Max QDA-Software codiert.

Die transkribierten Texte aus der Interviewsituation werden markiert und auf bestimmte Besonderheiten hin geprüft. Es wird mittels Haupt- und Subkategorien eine inhaltliche Struktur der Daten geschaffen. Es sollten nicht mehr als 20 Hauptkategorien gebildet werden.

In unserem Beispiel wäre das dann:

Tabelle 2
Kürzel Thematische Hauptkategorie
WP Größten Weltprobleme
EI Einflussnahme auf Weltprobleme
KK Konsum und globaler Klimawandel
DU Ursachen für die Diskrepanz zwischen Einstellung und Handeln
POS Eigene Relation zur globalen Entwicklung
VH Persönliches Verhalten
VER Verantwortungsübernahme
LER Erlernbarkeit des Umgangs mit globalen Problemen

Es ist zu empfehlen jeden Text von zwei Personen codieren zu lassen. Anschließend wird auf Übereinstimmung geprüft und über Codierungen diskutiert. Damit schafft man es die Hauptkategorien präziser zu definieren. Zu den Hauptkategorien aus dem ersten Codierungsprozess werden in der fünften Phase Unterkategorien erstellt. Um hier für Überschaubarkeit zu sorgen sollten die Unterkategorien sehr präzise gewählt werden, um eine Übereinstimmung in den Texten zu finden. Im zweiten Codierungsprozess wird nun das komplette Material mit den ausdifferenzierten Unterkategorien verglichen.  Hierbei muss man beachten, dass  genügend Textmaterial vorhanden ist.

Abschließend sollte je nach Fall eine thematische Zusammenfassung erstellt werden.


Literatur

Kuckartz, Udo (2016): Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 3., überarbeitete Ausgabe. Weinheim: Beltz, 2016.


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