1) Der Aufbau eines Codebogens in der Übersicht
2) Kategorienbildung: Formale Kategorien am Beispiel einer Inhaltsanalyse von Tageszeitungen
3) Kategorienbildung: Inhaltliche Kategorien am Beispiel einer Inhaltsanalyse von Tageszeitungen
4) Vollständigkeit
5) Trennschärfe
Literatur


1) Der Aufbau eines Codebogens in der Übersicht

Ein Codebuch bzw. Kategoriensystem zu erarbeiten, ist ein wesentlicher Schritt vor der konkreten Inhaltsanalyse. Das Codebuch als Arbeitsinstrument dient dazu, Merkmale aus Text-, Bild- oder Toneinheiten zu identifizieren, die im Anschluss mithilfe von Zahlenwerten den Ausprägungen der festgelegten Kategorien zugeordnet werden.

Das Codebuch als Untersuchungsinstrument der quantitativen Inhaltsanalyse setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen: Es muss die Kategorien enthalten, anhand derer das Untersuchungsmaterial bearbeitet werden soll. Zudem können konkrete Anweisungen für den Codiervorgang, zum Beispiel wichtige Informationen zum Verständnis von Kategorien und deren Ausprägungen, gegeben werden. Da in der Forschung stets Transparenz in Form intersubjektiver Nachvollziehbarkeit verlangt wird, muss auch das Codebuch ausführlich und verständlich formuliert sein. So sollen sich nicht nur die Codierer, sondern auch andere Forscher “auf seiner Basis ein vollständiges Bild von der Untersuchungsanlage machen können” (Rössler 2017, S. 95). Bei wiederholter Anwendung soll das Codebuch sicherstellen, dass die Forscher unter Nutzung desselben Untersuchungsmaterials zu denselben Ergebnissen kommen (Sicherung der Reliabilität). Deshalb ist eine äußerst klare und eindeutige Definition der Kategorien notwendig.

Generell gibt es keine festen Regeln oder Vorgaben für die Gestaltung eines Codebuchs. Aus bisherigen Studien lässt sich aber ein Muster erkennen, nach dem ein Codebuch üblicherweise aufgebaut ist.

Abbildung 1:

Codebuch neu

 

Typische Gliederung des Codebuchs in zwei Teile (+Anhang):

  • Einleitungsteil mit definitorischen Rahmenbedingungen (meist kürzer)
  • Hauptteil mit Kategoriensystem (meist ausführlicher)
  • Anhang für nützliche Hilfsmaterialien
    • Muster des Codebogens (falls vorhanden)
    • tabellarische Übersicht aller Kategorien

Das Codebuch stellt das Arbeitsinstrument dar, das den Codierer bei seiner Tätigkeit anleiten soll. Es sollte also formal und inhaltlich so gestaltet sein, dass der Codierer damit gut – effektiv und korrekt – arbeiten kann. Die Veröffentlichung des Codebuches ist in der Regel nicht vorgesehen.

 

Für eine optimale Gestaltung:

  • Klare und übersichtliche Aufteilung mit grafischen Hervorhebungen
  • Großzügiges Layout, Platz für Anmerkungen und Ergänzungen
  • Eindeutige, kurze und prägnante Kategorientitel
  • Illustration der Ausprägungen mit einem Beispiel

 

Einleitungsteil:

Im Einleitungsteil werden alle wesentlichen Informationen aufgeführt, die zum Verständnis der Untersuchung beitragen. Hier findet man das Untersuchungsziel, die Forschungsfragen und mögliche Unterfragen sowie Hypothesen, die es im Verlauf der Untersuchung zu verifizieren oder zu falsifizieren gilt. Die für die Untersuchung zentralen Begriffe, die Untersuchungs- und Analyseeinheiten müssen definiert werden. Bei den Einheiten müssen auch die Aufgreifkriterien eindeutig festgelegt werden. Darunter versteht man zum Beispiel bei einer Analyse von Zeitungsartikeln, dass bis zum Ende eines bestimmten  Abschnitts ein spezielles zuvor gewähltes Schlagwort – wie beispielsweise die Nennung eines untersuchungsrelevanten Akteurs – auftauchen muss, damit der Artikel in die Analyse aufgenommen wird.

Zusätzlich kann es nötig sein, im Einleitungsteil des Codebuchs von den Auswahleinheiten, die Analyseeinheiten zu unterscheiden. Das ist immer dann relevant, wenn nicht der gesamte Text (Auswahleinheit) untersucht werden soll, sondern beispielsweise nur die wörtlichen Zitate (Analyseeinheit). Gelten bei einer anderen Inhaltsanalyse nur die dem Artikel beigefügten Fotos als Analyseeinheit, so ist der zugehörige Text die Kontexteinheit, die lediglich dem Hintergrundverständnis dient.

 

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2) Kategorienbildung: Formale Kategorien am Beispiel einer Inhaltsanalyse von Tageszeitungen

Formale Kategorien der quantitativen Inhaltsanalyse sind Variablen, die die manifesten Textinhalte, die zur Untersuchung ausgewählt wurden, erfassen. Sie sind für die Codierer leicht zu ermitteln und machen keine subjektiven Interpretationen nötig. Sie erfüllen dabei vor allem zwei Aufgaben: Zum einen helfen sie dem Forscher die Analyseeinheit im Auswertungsprozess wieder zu identifizieren. Außerdem geben sie wichtige Zusatzinformationen, die bei der Auswertung der Daten von Bedeutung sein können, denn mit ihrer Hilfe können Aussagen über die zeitliche Entwicklung eines inhaltsanalytischen Themas oder auch über Unterschiede zwischen den gewählten Medien gemacht werden.

 

Bestimmte formale Kategorien können bei einem Zeitungsartikel zum Beispiel sein:

  • Erscheinungsdatum
  • Medium
  • Umfang bzw. Länge der Einheit in Worten, Sätzen oder Zeilen
  • Erscheinungsressort

Beispiel: Wochentag

1 Montag
2 Dienstag
3 Mittwoch
4 Donnerstag
5 Freitag
6 Samstag

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3) Kategorienbildung: Inhaltliche Kategorien am Beispiel einer Inhaltsanalyse von Tageszeitungen

Formale Kategorien lassen sich relativ unabhängig vom Untersuchungsgegenstand konzipieren. Um ein Thema aber spezifischer betrachten zu können, braucht man auch inhaltliche Kategorien. Diese sind direkt mit der Forschungsfrage verknüpft und können daher von Untersuchung zu Untersuchung unterschiedlich sein.

Inhaltliche Kategorien lassen sich in drei Unterkategorien unterteilen: die thematischen, die akteursbezogenen und die Bewertungskategorien. Die thematischen Kategorien beschäftigen sich damit, das Thema der Texteinheit näher zu untersuchen. Akteursbezogen bedeutet, dass Handlungsträger oder deren Verhalten im Artikel besonders unter die Lupe genommen werden. Zu den Bewertungskategorien gehören solche, die – meist auf einer Skala – messen, wie stark die Kritik in einem Text ausgeprägt ist oder wie stark eine Personalisierung stattfindet.

Die Auswahlmöglichkeiten einer jeden Kategorie werden auch hier in ein numerisches Relativ übersetzt. Das heiß, die Ausprägungen werden mit Zahlenwerten versehen.

Beispiel: Bewertungskategorie zum Thema „Kritik am Hauptakteur des Artikels“

1 sehr stark
2 eher stark
3 neutral
4 eher schwach
5 sehr schwach

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4) Vollständigkeit

Definition:

Vollständigkeit ist grundlegend bei einem Kategorienschema, denn ohne sie könnte die zentrale Forschungsfrage nicht gänzlich beantwortet werden.

Ein Kategoriensystem ist dann vollständig, wenn die beinhalteten Kategorien und zugehörigen Ausprägungen alle Aspekte der Forschungsfrage abdecken.

 

Wie erreicht man Vollständigkeit?

Frühere Forschungsdesigns, Plausibilitäten, theoretische Überlegungen und weitere Außenkriterien, Residualkategorien wie Sonstiges.

 

Beispiel: Geben Sie Ihren Familienstand an

Falsch: Richtig (mehrere Angaben möglich):
– ledig – ledig
– verheiratet – in einer Beziehung
– verwitwet – verheiratet
– verwitwet
– in einer eingetragenen Partnerschaft

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5) Trennschärfe

Definition:

Kategorien der Inhaltsanalyse sollen trennscharf sein.

Eine Kategorie ist trennscharf, wenn sich die einzelnen Ausprägungen gegenseitig ausschließen und sich alle Ausprägungen auf das gleiche Merkmal beziehen. Wenn Kategorien also trennscharf sind, können untersuchte Textinhalte nur einer einzigen Ausprägung zugeordnet werden und nicht mehreren.

Wenn keine Trennschärfe innerhalb der Kategorie besteht, kommt es beim darauffolgenden Kodierungsprozess zu Mehrfachzuordnungen und es gibt Probleme bei der Auswertung.

 

Wie erreicht man Trennschärfe?

Aufteilung auf mehrere Kategorien und kritischer Pretest

 

Beispiel: Geben Sie Ihr Alter an

Falsch: Richtig:
jünger als 20 jünger als 20
20-30 20-29
30-40 30-39
40-50 40-49
50-60 50-59
60-70 60-69
70 oder älter 70 oder älter

 

Literatur

Früh, Werner (1998): Inhaltsanalyse: Theorie und Praxis. 4. überarbeitete Auflage. Konstanz: UVK Medien.

Hagen, Lutz (2006): (Quantitative) Inhaltsanalyse. Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung II. Technische Universität Dresden.

Hörning, Martin (2004): Zwischen Medikation und Massagesocken. Medizinjournalismus für Frauenzeitschriften, Dissertation, Freie Universität Berlin.

Rössler, Patrick (2010): Inhaltsanalyse. 2. Auflage. Konstanz: UVK-Verl.-Ges.

 

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